Gute Vorsätze

Neues Jahr, neues Glück – ein Motto, dem breite Teile der Bevölkerung mit „Guten Vorsätzen“ zu folgen scheinen. Sei es, dass sich Menschen vornehmen, mit dem Rauchen aufzuhören, mehr zu reisen oder einfach nur romantischer zu sein.

Ich tue mich mit guten Vorsätzen immer etwas schwer. Wenn mir auffällt, dass ich etwas an meinem Leben ändern sollte, warum fange ich dann nicht direkt damit an, sondern warte auf das neue Jahr? Und gehe damit das nicht ganz kleine Risiko ein, es bis dahin wieder vergessen zu haben?

Außerdem sind gute Vorsätze überhaupt nicht das, was man sich unter einem „smarten“ Ziel vorstellt: Oft ist der Vorsatz sehr schwammig formuliert, der Zeitraum der Umsetzung ist mit einem Jahr denkbar lang (im Zweifel steht der Vorsatz nächstes Jahr wieder auf der Liste), und messbar sind Vorsätze oft erst recht nicht – oder kennen Sie, werter Leser, die ganz exakte Menge Wörter, bei der ich das Ziel „mehr lesen“ erreicht habe? Ob ich zufrieden mit meinem quantitativen Literaturkonsum bin, hängt letztendlich nämlich nur von meiner aktuellen Stimmung ab.

Eigentlich ist es oft genug schlichtweg so, dass Menschen am Jahresende auf sich selbst blicken und feststellen, was sie in den letzten zwölf Monaten falsch gemacht haben. Man schreibt in einem feierlichen Akt auf, was man tun muss, um ein „besserer Mensch“ zu werden, oder welcher Mensch man gerne wäre – und denkt sich dann „Hey, Selbsterkenntnis ist der halbe Weg zur Besserung; ich kann also vor der Umsetzung erstmal Pause machen“. Und wenn man am Ende des nächsten Jahres wieder zurückblickt stellt man fest, dass man diese Pause nie wirklich beendet hat. Aber an dem Punkt kann man die verpasste Besserung ja wieder zum Vorsatz machen.

Gute Vorsätze sind also objektiv betrachtet ganz großer Unsinn. Oder?

Vielleicht ist der Kern meines Problems mit Vorsätzen ein ganz anderer. Vielleicht will ich einfach nicht zugeben, in welchen Punkten meines Lebens ich unzufrieden bin – und das sogar vor mir selbst nicht. Um das zu ändern, schreibe ich hier ein paar gute Vorsätze für mich fürs nächste Jahr auf. Vielleicht sollte ich sie als motivierende Sprüche auf Poster drucken und mir übers Bett oder an den Kleiderschrank pinnen, damit sie nicht bis zum nächsten Silvester in Vergessenheit geraten. Was soll 2015 bringen?

Ich will reisen. Ins Ausland, irgendwohin, wo ich noch nicht war. Nur um zu gucken, wie es da so aussieht.

Ich will wieder Kontakt mit Menschen aufnehmen, die ich völlig zu Unrecht und aus (gedachtem) terminlichen Druck erst vernachlässigt und dann vergessen habe. Dank Facebook ist das auch ganz leicht möglich.

Ich will wieder ein Gedicht schreiben. Oder einen fiktiven Text. Oder beides! Ich habe mir da lange genug Pause gelassen.

Alles andere überlege ich mir auf dem Weg.


Ebenfalls erschienen im Neologismus 14-12

Weniger Demokratie wagen?

Fragen und Gedanken zum richtigen Maß an Demokratie

In den Nachrichten hört man, wenn es um umstrittene politische Entscheidungen geht, immer wieder zwei Sätze:

„Politiker X muss sich so entscheiden, denn das wollen seine Wähler.“

Oder:

„Jetzt, wo Politiker Y weiß, dass er nicht mehr wiedergewählt wird, kann er Entscheidungen zum Wohle des Landes und nicht zum Wohle der Wähler treffen.“

Diese zwei Sätze werfen einige nicht triviale Fragen auf: Wie demokratisch sind unsere Demokratien, wie können Politiker richtige Entscheidungen treffen und was ist so eine „richtige Entscheidung“ überhaupt?

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An: Facebook

Über AGB und Webbildchen

Es ist in den letzten Wochen wohl bei jedem auf Facebook erschienen, die subtile Benachrichtigung, dass ab dem 1. Januar 2015 neue Bedingungen und Richtlinien gelten und dass man diese mit der Nutzung von Facebooks Diensten automatisch akzeptiert.

Wie immer, wenn Facebook etwas an seinen Richtlinien ändert, ist das in der Facebook-Gemeinde schnell als weiterer Datenklau seitens eines Großunternehmens verschrien; man beschwert sich kurz (natürlich öffentlich auf Facebook) und ändert im Großen und Ganzen nichts.

Aktuell auch wieder aus dem Hut gezogen wird ein Bild, das besagten Datenklau effektiv und juristisch einwandfrei zu unterbinden verspricht – man muss es nur teilen!

Im Wortlaut:

„An: Facebook
Aufgrund der neuen AGB’s in Facebook Widerspreche ich hiermit der kommerziellen Nutzung meiner persönlichen Daten (Texte, Fotos, persönliche Bilder, persönliche Daten) gemäß BDSG. Das Copyright Meiner Profilbilder liegt ausschließlich bei Mir…! Die kommerzielle Nutzung bedarf ausdrücklich Meiner schriftlichen Zustimmung..!“ 1

Darunter wird der Text nochmal in schlechtes Englisch übersetzt. Der mutmaßliche Urheber dieses juristischen Tricks schreibt zur Verwendung des Bildes in der Beschreibung:

„FB spielt mal wieder mit seinen AGBs ...... Wenn Euch Eure Daten lieb sind, solltet Ihr das auch posten ......es reicht, wenn Ihr es gepostet habt, dann ist es bei FB registriert, weil Euer Verlauf bei FB gespeichert wird !!“ 1

Betrachten wir also Bild und Bildunterschrift mal etwas genauer. Dabei will ich explizit nicht auf kreative Typo- und Orthographie eingehen, sondern tatsächlich gucken, wie es mit Copyright, Urheberrecht, diesem ominösen BDSG und Facebooks tatsächlichen Änderungen an den AGB aussieht.

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#GratisBild

Am 9. November wurde der 25. Jahrestag des Mauerfalls gefeiert. Die jedes Jahr aufs Neue gezeigten Bilder vom Brandenburger Tor treiben noch heute Tränen der Freude in die Augen. Dieses Jahr will auch eine große deutsche Tageszeitung mit einer Gratisausgabe mitfeiern. Ich habe die „Gratis Bild“ gelesen.

Eigentlich sollte man sich ja freuen, dass es einer deutschen Zeitung gut genug geht, eine kostenlose Ausgabe an alle Haushalte der Republik zu schicken. Dennoch – unverständlicherweise – kommt die Aktion nicht bei allen gut an; die Bildzeitung genießt in Teilen der Bevölkerung scheinbar kein sehr hohes Ansehen. Von zynischen Tweets über Papierverschwendung und mögliche Weiterverwendungen des Rohstoffs unter dem Hashtag #GratisBild bis hin zu Umtauschaktionen gegen das Satire-Magazin „Titanic“ durch „Die Partei“ wurde die doch wahrscheinlich eigentlich gut gemeinte Verbreitung von historischen und aktuellen Informationen zu einem so bedeutsamen Ereignis stark diskreditiert. Daher habe ich beschlossen, ein gewagtes Experiment zu starten: Ich werde diese Zeitung tatsächlich lesen! Und natürlich hier darüber berichten.

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Was ist gute Literatur?

Oh je, da hat sich mein Unterbewusstsein ja entschieden, sich zu einem komplizierten Thema Gedanken zu machen, beziehungsweise mein Bewusstsein, diese dann auch noch auszuformulieren.

Zuerst mal sollte ich also vorwegnehmen, dass ich auf Grund der Breite des Themas beschlossen habe, absolut keine Quellen zu Rate zu ziehen, sondern einfach meine hoffentlich nicht allzu sprunghaften Gedanken zu Papier zu bringen.

Außerdem will ich mich noch auf fiktionale Literatur beschränken. Gerade bei Fachbüchern sind nämlich recht leicht Kriterien auszumachen, wann sie gut sind: Stimmt der Inhalt, und ist das Buch adäquat und verständlich geschrieben? Über letzteres entscheidet die Zielgruppe der Leser, ersteres ist dann Thema von Diskussionen im jeweiligen Fachgebiet (so dass man sich dann doch bei strittigen Themen der Wissenschaft doch wieder schnell uneinig ist, ob das Buch gut ist oder nicht).

Mir fällt auf, ich sollte noch ein, zwei Begriffe klären, bevor ich anfange: Dass ich mit „Literatur“ im Folgenden nur fiktionale Literatur meine, habe ich ja schon geklärt. Zusätzlich sei noch gesagt, dass sich der Begriff „Buch“, der oben schon synonym für „Literatur“ verwendet wurde, tatsächlich auch auf andere Werke in Textform ausdehnt. So kann ein Zeitungsartikel oder Blogpost genauso gut Literatur sein, wie ein Buch, dass im Folgenden ein quantifizierbares (fiktionales) literarisches Werk sein soll.

Zunächst sollte gesagt werden, dass „Güte“ von Literatur etwas sehr subjektives ist und dass für jeden Menschen andere Bücher „gut“ sind. Wenn jedoch eine hinreichend große Zahl von Lesern ein Buch für „gut“ befindet, sollte meiner Meinung nach auch objektiv von einem „guten Buch“ gesprochen werden dürfen.

Aber was sollte Literatur überhaupt tun? Meiner Meinung nach dreierlei Dinge:

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