Über die zweite Staffel der Serie „13 Reasons Why“
02.10.2018
· Feuilleton
· 13 min
Thirteen Reasons Why, bzw. in der deutschen Übersetzung „Tote Mädchen Lügen nicht“, ist ein 2007
erschienener Roman von Jay Asher. Die Handlung des erfolgreichen Jugendbuchs dreht sich um den Selbstmord der High-School-Schülerin
Hannah Baker, die vor ihrem Tod die 13 Gründe für ihr Handeln auf Audiokassetten aufgenommen und mit dem Auftrag, sie
den jeweils angesprochenen Personen der Reihe nach zukommen zu lassen, in Umlauf gebracht hat. Die Leser begleiten dabei
den Ich-Erzähler und Klassenkameraden Hannahs Clay Jensen, der im Verlauf des Buches die Kassetten anhört und somit nach und nach erfährt, was Hannah
zugestoßen ist.
Diese erzählerische Konstruktion bietet Raum für den Spannungsbogen des Buches. Die Leser werden nicht nur langsam immer
weiter in den Strudel bis hin zur Vergewaltigung eskalierender Ereignisse gezogen, sondern haben eingangs mit Clay auch
eine positive Identifikationsfigur mit ungewisser Geschichte: Es ist unklar, warum auch er die Kassetten erhalten hat, was ihn zu einem der 13
Gründe für den Selbstmord machen würde. Der Inhalt der Kassetten erzählt rückblendenartig die Geschichte um Hannah
und lüftet die Geheimnisse um ihren Tod, während Clays Handlung in der Gegenwart auf das Gesagte unmittelbar (emotional)
reagieren und es somit für die Leser weiter kontextualisieren kann. Die Frage, die sich dabei immer wieder stellt: Hätte
man das alles früher erkennen und den Selbstmord vielleicht verhindern können?
Das Buch polarisiert seine Leser. Vielfach (z.B. hier
und hier) werden die vielschichtigen Charaktere gelobt, und dass das Buch keine schlichte
Schwarz-Weiß-Malerei der Situation betreibt, sondern stattdessen die Thematik als so komplex präsentiert, wie sie eben ist.
Allerdings wird auch vor der Wirkung des Buches gewarnt: Stellt es den Selbstmord als zu heldenhaft dar und ermutigt damit eventuell weitere Jugendliche zum Suizid?
Sollten Leser von den gewalttätigen Szenen klarer im Voraus gewarnt werden? Dem Erfolg des Romans tat das jedoch keinen
Abbruch.
Die Serie
Knapp 10 Jahre nach seiner Veröffentlichung wurde der Roman in Form einer Mini-Serie auf Netflix verfilmt. Die Kritik am
Umgang mit der behandelten Thematik entbrannte dadurch natürlich erneut, auch wenn sich die Macher mit Hinweisen auf
dargestellte Gewalt und wiederholte Verweise auf Selbstmord-Hotlines der Kritik stellen. Aus meinem ganz persönlichen
Umfeld konnte ich jedoch mitnehmen, dass die Serie im Großen und Ganzen als sehr positiv aufgefasst wurde. Das liegt
in weiten Teilen sicherlich an der guten handwerklichen Umsetzung – die Serie ist hochwertig produziert und
die Charaktere sind gut besetzt. Es liegt aber auch in nicht weniger großem Umfang an der Umsetzung der erzählerischen Struktur des
Romans in filmischer Form.
Die Erzählweise des Buches wird nämlich schnell zu einer Herausforderung bei der Verfilmung: Erzählt man die Handlung
wie im Buch aus der Sicht von Clay, hat man ein recht statisches Setting, in dem man jemanden beobachtet, der sich
(quasi) ein Hörbuch anhört – filmisch nicht besonders spannend, insbesondere weil auch die Abwechslung zwischen den
einzelnen Folgen der Serie fehlen würde. Die mehrteilige Erzählung ist jedoch nötig, um jeden Grund für den Selbstmord
in entsprechender Tiefe aufarbeiten zu können: Ein zweistündiger Film zum Beispiel hätte jeder Seite der Kassetten nur
weniger als 10 Minuten einräumen können.
„Es ist eine Metapher, verstehst du?“ „Bist du sicher? Glaubst du nicht, dass die Dinge nicht manchmal einfach genau das sind, was sie sind?“ Ein warmer Sommerwind weht über den Hügel. „Ich habe schon lange nicht mehr einfach so die Sterne beobachtet.“ „Danke, dass du mit mir hier bist, ihr Leuchten zu sehen.“
Soziale Netzwerke sind eine großartige Sache. Sie ermöglichen inhaltlichen Austausch innerhalb einer großen
Gruppe von Menschen. Sie ermöglichen es auch kleinen Teilnehmern, in unserer Medienlandschaft teilzunehmen. Jemand schreibt
einen großartigen Blogbeitrag mit Einsichten zu Politik, zu
wissenschaftlichen Themen oder einfach
zu seiner Lieblings-Roman-Serie – ich erfahre davon wahrscheinlich zuerst über eine Facebook-Seite oder einen Tweet.
Jemand veröffentlicht regelmäßig großartig gemachte Videos zu Kunst oder
zu Gesprächstaktiken der Rechten in den USA,
ich erfahre davon über meine Abos und den Algorithmus bei YouTube.
Allerdings, und das ist nicht erst bekannt, seit die EU-Datenschutzgrundverordnung am 25. Mai in Kraft getreten ist und
jeder Dienst, bei dem man sich jemals angemeldet hat, eine Mail zu aktualisierten Datenschutzerklärungen versendet hat:
Netzwerke tracken.
Überwachung
Zum einen tun sie das natürlich, um ihr Geschäftsmodell besser durchführen zu können. Soziale Netzwerke und zentralisierte
Plattformen für Inhalten von Facebook über Twitter bis YouTube verdienen ihr Geld damit, uns – den Nutzern – Werbung zu zeigen.
Das geht natürlich bedeutend effektiver, effizienter und somit gewinnbringender, wenn das Netzwerk mich kennt und die
Werbung zu mir passt.1
Zum anderen können nur durch dieses Tracking die Netzwerkeffekte des Netzwerks auch wirklich funktionieren:
Du hast diese Videos gesehen, vielleicht wäre also dieses Video auch etwas für dich. Deine Freunde folgen alle dieser
Person hier, vielleicht schreibt sie häufiger Dinge, die auch für dich ganz interessant sind. Dieser Inhalt hier ist
gerade sehr beliebt, vielleicht willst du da auch mal einen Blick drauf werfen.
In weiten Teilen ist das ja auch absolut positiv. Mir gefallen gut gemachte Video-Essays – schlag mir mehr davon vor und
ich bin glücklich. Es kann aber auch ungewünschte Nebenaspekte haben. Problem A sind da die viel beschworenen
Filterblasen: Ich sehe nur, was meine Freunde auch gut finden; unsere Meinungen verstärken sich innerhalb dieses
eingeschränkten Kreises wie in einer Echokammer, die langsam den Kontakt zur Realität verliert. Doch um diesen Aspekt
soll es heute nicht gehen.
Vielmehr möchte ich heute über das exakt gegenteilige Problem sprechen: Was ist eigentlich mit Inhalten, die ich überhaupt
nicht gut finde? Ein paar Beispiele: Zur Recherche für den Neologismus schaue ich mir auf YouTube Vorträge von
Kreationisten an. Um mich politisch zu informieren, schaue ich auch Reden von AfD-Politikern in der Originalquelle auf
YouTube. Ich folge Donald Trump auf Twitter. Und es ist absolut wichtig, dass so etwas geht, denn das ist genau
der Ausbruch aus der Filterblase, wie ich sie als Problem A beschrieben habe.
Immer wieder gibt es Menschen, die voller Überzeugung und mit mehr oder weniger intuitiven, aber nichtsdestotrotz
schlussendlich unsinnigen Argumenten daran glauben, dass Gott das Leben, die Pflanzen, Tiere und Menschen, genau
sogeschaffen hat, wie sie sind. In meinem letzten Post habe ich in
diesem Kontext den Vortrag „Herkunft des Lebens aus Sicht der Informatik“ von Dr. Werner Gitt
besprochen, dessen Inhalte hier jedoch nicht von Belang sein werden.
Stattdessen möchte ich heute einen konstruktiven Beitrag zur Debatte um die „Sicht der Informatik“ auf die „Herkunft des
Lebens“ machen: Ich möchte in diesem Text die Evolution mit Hilfe von Konzepten aus der Informatik plausibilisieren.
Dabei soll dieser Text so einfach und verständlich geschrieben sein, dass auch Nicht-Informatiker verstehen, was hier
passiert.
Plausibilisierung
Eines vorweg: Was nun folgt, werden nicht die „harten Fakten“, die unumstößlichen Argumente sein, die so mancher
Anhänger des Kreationismus nicht nur fordert, sondern auch glaubt, für sich gefunden zu haben. Die hier vorgestellten
Ideen aus der Informatik können Evolution höchstens plausibilisieren, nicht beweisen. Mehr kann die Informatik meiner
Meinung nach als in erster Linie Formal-, nicht Naturwissenschaft auch gar nicht leisten.
Nichtsdestotrotz soll hier nicht verschwiegen werden, dass die Biologie über die Jahre eine doch substanzielle
Beweislast zugunsten der Evolution angehäuft hat, wie sie zum Beispiel bei Live Science
nur grob umrissen wird.
Besonders spannend ist an dieser Stelle eine Untersuchung von Lena A. E. Tibell und Ute Harms,1 die sich in
erster Linie mit den Problemen der Vermittlung von Wissen über Evolution beschäftigen und dabei explizit Zufall und
große Zeitskalen als Schwelle des Verständnisses nennen. Zufälligerweise ist gerade die Informatik genau hier in der
Lage, Abhilfe zu schaffen: Computer können Zufall generieren und in Simulationen Zeit auf einen Bruchteil
zusammenschrumpfen. Wollen wir doch mal sehen, ob wir damit so etwas wie Evolution hinbekommen können.
Mal angenommen, Sie, werte Leserin, werter Leser, wollen ein Argument bestreiten. Die Bühne gehört Ihnen, ob in
Schrift oder gesprochenem Wort. Ihre These ist klar, provokant, bringt Menschen oder gar die Gesellschaft weiter. Sie
haben nur ein Problem: Ihre These ist nicht unbedingt intuitiv ersichtlich. Vielleicht ist sie kompliziert, vielleicht
ist sie übertrieben, vielleicht ist sie schlicht unsinnig.
Wie können Sie also nun Ihre Argumentation so gestalten, dass Sie Ihre Zuhörerinnen und Leser direkt davon überzeugen
können, dass Sie ganz offensichtlich jemand vom Fach sind, der allein auf Basis des Autoritätsarguments recht haben
muss? Wie formulieren Sie Beispiele und Schlussfolgerungen so, dass jede Gegenrede gleich im Keim erstickt?
Kurz um: Wie wirken Sie wissenschaftlich, wo Wissenschaft nicht ferner sein könnte?
Dr. Werner Gitts Naturgesetze der Information
Die wenigen relevanten Regeln, wie man wissenschaftlich wirkt, wollen wir am Beispiel des renommierten Wissenschaftlers Dr. Werner Gitt,
seines Zeichens ehemaliger Leiter des Fachbereichs Informationstechnologie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Braunschweig. Insbesondere wollen wir uns hierbei seinen Vortrag „Herkunft des Lebens aus Sicht der Informatik“
anschauen, der auf Basis der von Gitt begründeten Naturgesetze der Information die Existenz des Gottes der
Bibel beweist.
Aus natürlich rein wissenschaftlicher Perspektive lege ich das Studium des YouTube-Videos des
Vortrags neben der Lektüre dieses Artikels nahe. Neben den Lehren, die wir zum wissenschaftlich Wirken aus dem Vortrag
ziehen können, werde ich die Argumente natürlich auch kurz inhaltlich umreißen. Dabei werde ich bei den Kapiteln, die Gitt
in seinen Vortrag einbaut, immer einen Hinweis im Text einbauen, sodass ein paralleles Hören und Lesen möglich ist.
1. Die richtige Titelfolie
Das erste, mit dem Ihre Zuhörer bei einer Präsentation konfrontiert werden, ist, noch bevor Sie ein Wort sagen, Ihre
Titelfolie. Hier gilt es, Lust auf den Vortrag und das Thema zu machen. Neben dem spannenden Titel, der natürlich nicht
zu viel verraten sollte, kann man hier mit vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten wie unterschiedlichen Schriftarten
und allerlei Bildern etwa von Planeten oder 0en und 1en im Beispiel von Gitts Vortrag zeigen, dass man nicht nur in
Hinblick auf das Thema, sondern auch in Hinblick auf PowerPoint ein echter Profi ist.