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An: Facebook

Über AGB und Webbildchen

Es ist in den letzten Wochen wohl bei jedem auf Facebook erschienen, die subtile Benachrichtigung, dass ab dem 1. Januar 2015 neue Bedingungen und Richtlinien gelten und dass man diese mit der Nutzung von Facebooks Diensten automatisch akzeptiert.

Wie immer, wenn Facebook etwas an seinen Richtlinien ändert, ist das in der Facebook-Gemeinde schnell als weiterer Datenklau seitens eines Großunternehmens verschrien; man beschwert sich kurz (natürlich öffentlich auf Facebook) und ändert im Großen und Ganzen nichts.

Aktuell auch wieder aus dem Hut gezogen wird ein Bild, das besagten Datenklau effektiv und juristisch einwandfrei zu unterbinden verspricht – man muss es nur teilen!

Im Wortlaut:

„An: Facebook
Aufgrund der neuen AGB’s in Facebook Widerspreche ich hiermit der kommerziellen Nutzung meiner persönlichen Daten (Texte, Fotos, persönliche Bilder, persönliche Daten) gemäß BDSG. Das Copyright Meiner Profilbilder liegt ausschließlich bei Mir…! Die kommerzielle Nutzung bedarf ausdrücklich Meiner schriftlichen Zustimmung..!“ 1

Darunter wird der Text nochmal in schlechtes Englisch übersetzt. Der mutmaßliche Urheber dieses juristischen Tricks schreibt zur Verwendung des Bildes in der Beschreibung:

„FB spielt mal wieder mit seinen AGBs ...... Wenn Euch Eure Daten lieb sind, solltet Ihr das auch posten ......es reicht, wenn Ihr es gepostet habt, dann ist es bei FB registriert, weil Euer Verlauf bei FB gespeichert wird !!“ 1

Betrachten wir also Bild und Bildunterschrift mal etwas genauer. Dabei will ich explizit nicht auf kreative Typo- und Orthographie eingehen, sondern tatsächlich gucken, wie es mit Copyright, Urheberrecht, diesem ominösen BDSG und Facebooks tatsächlichen Änderungen an den AGB aussieht.

Bundesdatenschutzgesetz

Das erwähnte BDSG ist das Bundesdatenschutzgesetz, das in weiten Teilen den Umgang mit personenbezogenen Daten innerhalb Deutschlands regelt. „Personenbezogen“ sind dabei alle Daten, die Rückschlüsse auf eine konkrete natürliche Person zulassen, also z.B. auch Telefonnummern oder mit dem Namen verknüpfte Daten.

Diese müssen nicht nur besonders geschützt werden, sondern dürfen im Normalfall auch weder erfasst, noch verarbeitet oder ausgewertet werden – dafür ist entweder ein Gesetz oder die Erlaubnis des Nutzers vonnöten 2.

Gerade diese Einwilligung holt sich Facebook jedoch bei der Anmeldung über die Annahme der Datenverwendungsrichtlinien 3 ein. Diese geben an, welche Daten erhoben werden (z.B. „Informationen, die du freigibst“, wie u.a. die im Bild erwähnten Texte) und dass sie verwendet werden – einerseits natürlich, um die Informationen überhaupt anzeigen zu können, was ja der Sinn eines sozialen Netzwerkes ist, andererseits, um Facebook in Zukunft besser zu machen.

Außerdem wird an dieser Stelle geregelt, wann und wie Daten an Dritte weitergegeben werden dürfen. Ein möglicher Punkt an dieser Stelle beinhaltet das Entfernen der personenbezogenen Daten aus den weiterzugebenden Informationen – damit wäre das BDSG also raus.

Generell herrscht Streit um die Frage, ob das BDSG auf Facebook überhaupt Anwendung finden kann. Manche sagen „ja“ 4, andere sagen „vielleicht im Einzelfall“ 5, das OVL Schleswig Holstein sagt 2013 „nein“ 6. Und dann stellt sich die Frage, ob europäisches, also in Facebooks Fall irisches, oder amerikanisches Recht gilt.

Urheberrecht

Schauen wir uns also den zweiten Teil der Begründung aus dem Bild an, das Urheberrecht auf Posts.

In Deutschland ist das Urheberrecht größtenteils im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte 7 geregelt. Es soll den Urheber von „Literatur, Wissenschaft und Kunst“ (§1) schützen. Nach herrschender Meinung sind für solche Werke mehrere Dinge erforderlich, um sie von Erfindungen, die das Patentrecht schützt, abzugrenzen: persönliches Schaffen, Manifestierung von Gedanken in irgendeiner Form (z.B. Text aufschreiben), geistigen Gehalt und Schöpfungshöhe 8. Ob gerade die letzteren beiden bei Facebook-Posts immer gegeben sind, ist an dieser Stelle durchaus zu bezweifeln.

Wichtig ist an dieser Stelle, dass nur natürliche Personen Urheber sein können, und dass sich die Urheberschaft prinzipiell nicht übertragen lässt.

Das Gesetz legt nun einige Rechte fest. Das Urheberpersönlichkeitsrecht erteilt dem Urheber elementare, nicht veräußerbare Rechte zur Bestimmung über die Veröffentlichung (§12), Namensnennung (§13), sowie Änderungen an Inhalt und Titel des Werks (§39).

Außerdem hat der Urheber die Verwertungsrechte (§§15ff), die ihm erlauben, das Werk zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Des Weiteren kann er bestimmte Nutzungsrechte an seinem Werk einräumen (§31). Dabei werden die Nutzungsarten genau angegeben oder definieren sich aus dem Zweck des Vertrages, in dessen Zuge die Nutzungsrechte eingeräumt werden (Absatz 5).

Die Verwendung von Zitaten ist jedoch auch ohne das Recht zur Weiterverbreitung des Gesamtwerks möglich (§51).

Copyright

Nun verwendet der Urheber des Bildes allerdings die konkrete Formulierung „Copyright“, die dem angloamerikanischen Recht entlehnt ist. Hier steht weniger der Urheber, als mehr der Rechteinhaber im Fokus des Schutzes, der in weiten Teilen dem des deutschen Urheberrechts in weiten Teilen entspricht.

Während in den Vereinigten Staaten früher die Eintragung des zu schützenden Werks in ein zentrales Register, sowie die explizite Kennzeichnung mit einem Copyright-Vermerk notwendig war, ist heute beides nur noch optional 9. Der Schutz gilt inzwischen wie in Deutschland ab Schaffung des Werks, obwohl eine Eintragung in das Register für die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen von offizieller Seite empfohlen wird 10.

Eine besondere Ausnahme im amerikanischen System an dieser Stelle ist der sogenannte „Fair Use“: Die Verwendung ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt, wenn der Inhalt, ohne dem Rechteinhaber zu schaden, zur öffentlichen Bildung zur Verfügung gestellt wird.(Auf dieser Basis kann man in der englischen Wikipedia z.B. Filmposter oder Standbilder aus Filmen in niedriger Auflösung sehen, in der deutschen hingegen nicht.)

Facebook und Nutzungsrechte

Bezüglich der Nutzungsrechte hat sich Facebook jedoch in seinen Geschäftsbedingungen 11 abgesichert:

„Für Inhalte wie Fotos und Videos, die unter die Rechte am geistigen Eigentum fallen (sog. „IP-Inhalte“), erteilst du uns durch deine Privatsphäre- und App-Einstellungen die folgende Erlaubnis: Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz zur Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest („IP-Lizenz“). Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto löschst, außer deine Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt und diese haben die Inhalte nicht gelöscht.“ (Punkt 2.1)

Mit der Anmeldung haben wir Facebook also das Recht übergeben, mit den von uns eingestellten Inhalten zu verfahren, wie Facebook will. Insbesondere wird festgelegt, dass Inhalte von Facebook unterlizensiert werden können – sprich Facebook dürfte Posts auch verkaufen. Für (semi-)professionelle Fotografen ist in der Praxis zudem noch wichtig, dass man als Urheber natürlich die Möglichkeit, Nutzungsrechte an seinem Werk exklusiv an Dritte weiterzukaufen, verliert, solange Facebook die oben definierten Nutzungsrechte für ein Werk hat.

Die Urheberrechte selbst übertragen wir dabei zu keinem Zeitpunkt an Facebook – wie oben erwähnt, geht das nicht. Die Nutzungsrechte kann man Facebook auch in der Regel wieder entziehen, indem man die entsprechenden Inhalte löscht – so lange sie eben nicht von anderen Benutzern geteilt wurden.

Gegen diese doch recht schwammig formulierten Nutzungsrechte wurde erfolgreich geklagt. Das LG Berlin hat bereits 2012 die Unwirksamkeit der Klausel festgestellt:

„Die anhand der Lizenz vorgesehene Übertragung ihrer Art nach unbeschränkter Nutzungsrechte verstößt gegen den § 31 Abs. 5 UrhG zugrunde liegenden Zweckübertragungsgedanken.“ 12

Trotz der Einschränkung, die Daten gehörten weiterhin dem Nutzer (Punkt 2) und die Daten würden nur „auf oder in Verbindung mit Facebook“ verwendet 13 (was auch nur für deutsche Nutzer gilt), sei die Übertragung der Nutzungsrechte zu weitreichend, um dem Vertragszweck – das soziale Netzwerk Facebook zu benutzen – zu entsprechen. In anderen Worten: Die Lizenz erlaubt wesentlich mehr, als nötig wäre; und das ist in diesem Fall verboten.

Eine Revision wurde Anfang 2014 vom KG Berlin abgelehnt 14. Das Urteil ist jedoch noch nicht in Kraft und die AGB wurden seit der ersten Urteilsverkündung schon abgeändert und umformuliert. Da der Kern allerdings immer noch auf die aktuellen AGB zutrifft, prüft die Klägerin, der Bundesverband der Verbraucherzentralen, die Auswirkungen des Urteils, sobald es rechtskräftig wird.

Das Bild

Wo stehen wir also mit unserem Bild, das dem mächtigen Facebook die kommerzielle Nutzung unserer persönlichen Daten verbietet? Auf Basis des Datenschutzes die kommerzielle Nutzung zu unterbinden ist problematisch. Was das Urheberrecht angeht, ist aber evtl. bald mit Änderung zu rechnen. Dennoch hat so ein einfaches, geteiltes Bild nicht die Möglichkeit, in den AGB akzeptierte Bedingungen einfach auszuhebeln – selbst, wenn Aufmachung und Inhalt ein bisschen aufpoliert würden. Außerdem ist definitiv nicht zu erwarten, dass einfaches Posten des Bildes von Facebook in irgendeiner Weise erkannt wird und dass Facebook jedes Bild nach dieser Nachricht durchsucht.

Letztendlich hat man nur eine Wahl: Man benutzt Facebook und akzeptiert im juristischen Rahmen dessen Bedingungen, oder man löscht sein Profil auf Facebook und lässt es sein.

Facebooks tatsächliche Änderungen

Das Bild ist ganz schön alt. Es stammt von Ende 2012 und ist einfach aus aktuellem Anlass wieder hochgeblubbert. Wenn man sich die tatsächlichen Änderungen anguckt, und alte 11 neben neue 15 Version legt, stellt man fest, dass sich für den normalen Benutzer auf den ersten Blick nicht allzu viel geändert hat. An einzelnen Stellen (u.a. auch an der oben besprochenen) wurden ein paar Formulierungen geändert. So wird z.B. „Publikum“ zu „Zielgruppe“, „externe Apps“ werden zu „Apps von Dritten“

Und hier, bei den „Apps von Dritten“, sieht man den Knackpunkt: Die neuen AGB sollen auch für andere Dienste der Unternehmensgruppe gelten, die nicht „Facebook“ im Namen haben, wie WhatsApp und Instagram 16. Das hat natürlich offiziell nur Vorteile: Man kann per Facebook das vergessene Passwort auf Instagram zurücksetzen und insgesamt dienen die „gesammelten Informationen zur Verbesserung deines Erlebnisses“ 17. Allerdings wird es so möglich, private Daten unternehmensweit zu verknüpfen, was bislang nicht vorgesehen war.

Außerdem wurden in den AGB ein paar Abschnitte, wie der für Entwickler, ausgelagert und an dieser Stelle wahrscheinlich ein bisschen ausführlicher dargelegt. Das habe ich jedoch nicht weiter überprüft, und es betrifft die meisten Nutzer auch gar nicht.

Außerhalb der AGB ist vorgesehen, Werbung künftig noch weiter zu personalisieren, „was es Facebook erlaubt, seine Anzeigen noch hochpreisiger zu vermarkten.“ 16

Die Aufregung um die aktuellen Änderungen ist im Prinzip also nicht unbegründet. Ähnliche Änderungen, die es erlauben, persönliche Daten aus unterschiedlichen Softwareprodukten eines Unternehmens zu verknüpfen, hat auch Google vor 2 Jahren durchgeführt 18; jetzt zieht Facebook nach. Daher dürfen und müssen wir gespannt sein, was an Änderungen noch auf uns zukommt – ob positiv oder negativ – und wenn es uns wirklich nicht passt, Konsequenzen daraus ziehen und unser Facebook-Konto löschen. Das Teilen eines Bildes wird uns dagegen nicht helfen.


  1. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=439298979466047&set=a.218135681582379.54427.100001578454169&type=1&fref=nf (abgerufen am 27.11.2014, 16:17) ↩︎ ↩︎

  2. BDSG §4 Abs. 1: http://dejure.org/gesetze/BDSG/4.html (abgerufen am 27.11.2014, 16:35) ↩︎

  3. https://www.facebook.com/about/privacy/your-info (abgerufen am 27.11.2014, 16:42) ↩︎

  4. http://www.internet-law.de/2011/08/gilt-deutsches-datenschutzrecht-fur-facebook-uberhaupt.html (abgerufen am 27.11.2014, 16:49) ↩︎

  5. https://www.iitr.de/veroeffentlichungen-des-instituts-fuer-it-recht/278-datenschutz-web-2-0-wann-gilt-das-deutsche-bundesdatenschutzgesetz.html (abgerufen am 27.11.2014, 16:49) ↩︎

  6. http://www.hldatenschutz.de/2013/06/27/ovg-schleswig-holstein-deutsches-datenschutzrecht-gilt-nicht-fur-facebook/ (abgerufen am 27.11.2014, 16:49) ↩︎

  7. UrhG: http://dejure.org/gesetze/UrhG und Unterseiten (abgerufen am 27.11.2014, 17:17) ↩︎

  8. http://de.wikipedia.org/wiki/Urheberrecht_(Deutschland)#Schutzgegenstand_des_Urheberrechts:_Das_Werk (abgerufen am 27.11.2014, 17:00) ↩︎

  9. http://de.wikipedia.org/wiki/Copyright_law_(Vereinigte_Staaten) (abgerufen am 27.11.2014, 17:25) ↩︎

  10. http://copyright.gov/help/faq/faq-general.html#automatic(abgerufen am 27.11.2014, 17:26) ↩︎

  11. https://www.facebook.com/legal/terms/ (abgerufen am 27.11.2014, 17:29) ↩︎ ↩︎

  12. http://www.telemedicus.info/urteile/Datenschutzrecht/1354-LG-Berlin-Az-16-O-551-10-Facebook-Freundefinder-unzulaessig.html (abgerufen am 27.11.2014, 17:43) Zitat bei: Entscheidungsgründe, B, II, 1 ↩︎

  13. https://www.facebook.com/terms/provisions/german/index.php (abgerufen am 27.11.2014, 17:47) ↩︎

  14. http://www.telemedicus.info/urteile/Datenschutzrecht/1457-KG-Berlin-Az-5-U-4212-Freundefinder-ist-unzumutbare-BelaestigungAnwendbarkeit-deutschen-Datenschutzrechts.html (abgerufen am 27.11.2014, 18:08) ↩︎

  15. https://www.facebook.com/legal/terms/update (abgerufen am 27.11.2014, 18:31) ↩︎

  16. https://digitalegesellschaft.de/2014/11/facebooks-bittere-medizin/ (abgerufen am 30.11.2014, 16:31) ↩︎ ↩︎

  17. https://www.facebook.com/about/terms-updates/ (abgerufen am 30.11.2014, 16:40) ↩︎

  18. http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2012-01/google-agb-profilbildung (abgerufen am 30.11.2014, 16:48) ↩︎


Ebenfalls erschienen im Neologismus 14-11

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