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Google Now

Bericht eines Aussteigers

Google hat da schon ein nettes Stück Software für sein mobiles Betriebssystem Android geschaffen. Durch Kombination aller (sowieso schon über mich vorhandenen) Daten erhalte ich am Smartphone immer alle Daten, die ich gerade brauchen könnte: Wetter, Ergebnisse meiner Lieblings-Sportmannschaft, Aktienkurse, Aktualisierungen auf Websites, die ich regelmäßig besuche, kommende Termine und wann ich losfahren muss, um sie pünktlich wahrnehmen zu können. All das natürlich entweder auf Wunsch oder als ganz dezente Erinnerung in der Ereignisleiste.

Das ist praktisch, dachte ich mir als naiver Besitzer eines Mobiltelefons, dass noch nicht dazu in der Lage war, mir, seinem Besitzer, das Denken abzunehmen. Doch diesen Winter war es endlich soweit, und voller Enthusiasmus wurde auf meinem neuen Smartphone die „Google Suche“ mit einem Klick zu „Google Now“ erweitert.

„Google hat die Daten doch so oder so schon“

Der erste Start der App war dann ein wenig ernüchternd. Wie schon in der „alten“ Suche schmückt eine Suchleiste den oberen Rand des Programmfensters. Darunter, wo die „Karten“ mit den Informationen von Google Now stehen sollten, zwei Boxen: Ich solle doch bitte für optimale Ergebnisse die „Standortfreigabe“ und das „Webprotokoll“ aktivieren. Na gut, das wird schon so seinen Sinn haben, denkt sich da der Nutzer und aktiviert beides.

Die Standortfreigabe überprüft regelmäßig die Position des Smartphones (energiesparend etwas ungenauer über Mobilfunknetze), damit Wetter und Verkehrsdaten immer schön passend angezeigt werden können. Das Webprotokoll hilft Google, zu sehen, wofür ich mich interessiere. Wenn ich zum Beispiel nach Flügen gesucht habe, kann mir Google Abflugzeiten anzeigen, so die Kurzinfo zu dieser doch recht weitreichenden Erlaubnis, Daten zu speichern.

Wer jetzt denkt, dass er fertig ist, weit gefehlt: Sehr benutzerfreundlich wird man durch Menüs geführt, in denen man noch ein paar andere Angaben machen muss, damit man wirklich genau die Informationen erhält, die man braucht. Ich werde gebeten, anzugeben, wie ich denn am häufigsten Reise: Fahrrad, Auto, öffentliche Verkehrsmittel oder zu Fuß. Ein Tipp, weiter. Welche Fußballmannschaft mich interessiert. Kurz gesucht, weiter. Welche Aktie. Wo ich wohne. Wo ich arbeite. Letzteres, damit ich immer schöne Infos zum Wetter am Arbeitsplatz erhalte und natürlich vorher informiert werde, wann ich losfahren muss; Google bezieht Staus inzwischen in seine Routenberechnungen ein. Wenn das alles eingetragen ist, kann man sich zurücklehnen und entspannt beobachten, wie Google kurz lädt und dann alles Wichtige anzeigt…

Der Ausstieg.

Die ersten Monate war es ein tolles Gefühl, ein Handy zu haben, das mehr weiß, als man selbst. Das einem im Zweifel sagt, was man gerade tun muss, das einem hilft, mit Fußballwissen und aktuellen Ergebnissen zu punkten, das weißt, wie das Wetter ist und wird und Reiserouten zu den nächsten Terminen anzeigt. Das mit einer einfachen App aus einer Hand so vielfältige und auch praktische Informationen liefert. Datenschutzrechtliche Bedenken blieben auf der Strecke, doch nach einiger Zeit war es schlicht der Komfort und das krampfhafte Dazulernen der App, die Google Now zu einer Anwendung machten, die zumindest ich dann nicht mehr so unbedingt brauchte.

Ich versuche nun meine Probleme mit Googles Universalwerkzeug nicht nur zu schildern, sondern auch Alternativen und Lösungsansätze vorzustellen, die nicht nur weit umfangreichere Funktionen bieten, sondern auch die Bindung zum Monopol Google zu schwächen.

Sportmannschaften

Es ist in der Tat praktisch, wenn ein paar Tage vor dem nächsten Spiel deines Lieblings-Bundesligavereins eine Information angezeigt wird, gegen wen gespielt wird, und nach dem Spiel, wie das Ergebnis war. Die Auswahl für Sportmannschaften in Google Now ist in der Tat international und relativ groß. Einziges Manko: Man kann die deutsche Nationalmannschaft, die gerade jetzt wichtig wäre, nirgends auswählen. Wer Informationen will, ist auf sich allein gestellt. Auf die Dauer hilft einem Google Now auch nicht so wirklich, den Überblick über die Gesamtleistung einer Mannschaft zu erhalten, wie zum Beispiel Tabellenposition oder auch ganz simpel, aus welcher Liga das Spiel, auf das gerade hingewiesen wird, eigentlich stammt.

Daher empfehle ich aktuell die App „Onefootball“. Man erhält alle Informationen zu Fußballmannschaften auf der ganzen Welt, ebenso zu den Spielern und eben auch den Spielen. Selbst für Nicht-Fußballbegeisterte ist die Statistik-Funktion etwas sehr spannendes. Außerdem benachrichtigt die App bei aktuellen Spielen gewählter Mannschaften. Für andere Sportarten werden sich ähnliche Angebote finden lassen.

Aktien

Die Funktion, Aktien zu verfolgen, habe ich in erster Linie als kleine Spielerei verwendet, um zu sehen, was Google Now kann, und dann nicht wieder abgeschaltet. Aktienkurse erhalte ich momentan daher gar nicht, obwohl ich sehr zuversichtlich bin, mit nur einer kurzen Suche einen komfortablen Ersatz zu finden.

Wetter

Mit dem Wetter ist es etwas kniffliger. Zum einen will man natürlich möglichst exakte Daten haben, zum anderen sollen diese dann auch nett aufgearbeitet werden. Google Now zeigt relativ komfortabel nicht nur das Wetter vom aktuellen Aufenthaltsort an, sondern auch von zu Hause oder dem Arbeitsplatz.

Wer einfach nur das Wetter wissen will, dem ist mit der App von wetter.com. Entscheidender Nachteil: Werbung, und das Widget für den Startbildschirm ist nicht sonderlich schön. Schöner ist dieses meiner Meinung nach bei „EZ Wetter“, das ich momentan verwende. Bei beiden Apps lassen sich beliebig viele Standorte für Wetter eintragen und man kann den aktuellen Standort verwenden, wenn man möchte.

Websites

Beim ersten Mal war ich kurz überrascht, als mir mein Handy mitteilte, auf dem Graphitti-Blog gebe es etwas Neues zu sehen. Dennoch fand ich den Hinweis sehr nützlich, auch als die Liste der Aktualisierungen langsam wuchs und zum Beispiel iPhelGold dazukam. Ich habe mich zwar gefragt, woher diese Informationen stammen und wonach sie gefiltert werden, aber der praktische Nutzen überwog. Zuerst. So langsam wurden mir nämlich auch Websites angezeigt, deren Informationen mich nur peripher interessieren, Websites, die ich im Zuge von Recherchen einmal überflogen habe, und deren Updates die Liste unnötig aufblähten. Weg also damit, ich will selbst entscheiden können, was mich interessiert.

Alternative: Soziale Netzwerke. Facebook, Twitter, was auch immer; dem Autor der Website folgen und schon weiß man relativ schnell über Neuigkeiten bescheid. Oder man installiert sich (ganz altmodisch) einen RSS-Reader, der die Updates anzeigt.

Termine

An sich eine nette Funktion, deren Integration mich allerdings gerade gegen Ende schwer genervt hat. Kommende Termine werden angezeigt; außerdem erhält man, kurz bevor man abfahren sollte, eine Benachrichtigung. Wenn Google weiß, wohin man will. Und gerade Lust dazu hat. Und das richtige Verkehrsmittel kennt. Sie erinnern sich, anfangs musste man ja sein präferiertes Fortbewegungsmittel eintragen. Soweit so gut. Jetzt fährt man ja nicht unbedingt immer mit dem Auto, sondern auch mal Bahn. Das versucht sich Google Now dann zu merken, und bietet diesen Verkehrsweg beim nächsten Mal als Standard an. Vielleicht. Vielleicht berechnet es auch eine Route mit dem Fahrrad.

Besonders toll ist dann auch die Funktion, die berechnet, wie lange man nach Hause braucht. Auch hier natürlich die Probleme mit dem Verkehrsmittel, aber auch: Wo ist zu Hause, und wo bin ich gerade? All das habe ich wie gesagt am Anfang eingetragen und aktiviert. Dennoch wurde ich immer wieder in meinem Wohnzimmer darauf hingewiesen, dass ich mich jetzt unbedingt auf den Weg nach Hause machen solle, schließlich dauere das mit dem Auto noch eine Stunde bis da hin. Oder, ebenfalls schön, dass das hier gar nicht ein zu Hause sei, sondern dass ich vielmehr wahllos bei unterschiedlichen Freunden in Nachbarorten wohne. Was ich zu Beginn noch lustig fand, wurde dann irgendwann zu dem nervtötenden Faktor, der mich gezwungen hat, Google Now ein für alle Mal abzuschalten.

Wenn man Übersicht über seine Termine braucht, kann man sich das auch anders zurechtlegen: Ich zum Beispiel verwende das „Neat Calendar Widget“, das mir für ausgewählte Kalender eine Agenda mit den Terminen anzeigt, und wie lange es noch bis zum Beginn dieser ist. Ich weiß selber, wie lange ich wohin brauche, und auf welchem Wege ich zu reisen gedenke. Dementsprechend kann ich mir auch gerade noch selbst überlegen, wann ich mich auf den Weg machen muss, und muss das nicht einem (teilweise launischen) Handy überlassen.

Fazit

Ich habe also Google Now über einen schnellen Klick in den Optionen wieder abgeschaltet. Es empfiehlt sich natürlich, noch einmal zu überprüfen, dass man die vielen Genehmigungen, die man Google gegeben hat auch wieder deaktiviert. Man braucht sie ja eigentlich gar nicht.

Es ist logisch, dass mit vielen einzelnen Apps der manuelle Aufwand größer wird und die Informationen nicht mehr wie von Zauberhand auf dem Bildschirm erscheinen, aber ich kann rückblickend sagen, dass ich doch recht zufrieden mit meiner neuen Freiheit bin.


Ebenfalls erschienen im Neologismus 14-06

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