Kant gibt sich die Kante
Ein Haus, Winter Siebzehnvierundachtzig,
eine Nacht, die grad’ heranbricht
über dem alten deutschen Land,
in dem sich Kant derzeit befand.
Winternächte brachten zu diesen Zeiten
noch reichlich Unannehmlichkeiten.
Vor allem diese Kälte, denn
ohne Heizung plagte sie nebst Kindern dann auch noch die Älteren.So saß auch Kant in seiner Küche,
in der ihm wohlbekannten Nische,
und fragte sich, auf welche Weise
man kalte Suppe am besten verspeise;Denn das Feuer war schon längst erloschen,
weil er heute seinen letzten Groschen
ausgegeben hatte für
weißes DinA4-Papier.Holz war also viel zu teuer,
blieb nur noch das alte Feuer-
wasser, das er krasserweise
still und leisejahrelang in seinem Haus versteckte,
damit es in der Kälte seine Lebensgeister weckte.
So tat er, was er wohl schon lange plante:
Philosoph und Denker Kant gibt sich die Kante.Er steigt die Stiege in den Keller,
erst zögerlich, dann immer schneller,
und stürzt durch die geheime Pforte
zu seines Alkoholes Horte.Mit Bedacht wählt er die erste Flasche,
zieht den Korkendreher aus der Tasche,
dreht den Korkenzieher in den Korken,
und er hält ein altes Wort, denner hatte einem Freund versprochen –
länger her – mehrere Wochen –
diesem mal – in allen Ehren –
den Sinn des Lebens zu erklärenWas eine Schande:
Er hängt an der Bande
zum Tresen
verfasst seine Thesen.Geistesblitze blitzen auf
Gedankengänge nehmen ihren Lauf auf
kurz darauf
schaut Kant auf;
Ihn trifft der Schlag
und er sagt:„Habe Mut
– ja, das ist gut –
Dich Deines eigenen Verstandes
– und er verstand es –
Zu bedienen…
– nur wie denn?!“Na klar, wer Kant kennt und las,
der weiß: „In vino veritas!“