Your privacy is important to us.

Über persönliche Daten auf Facebook und Google

Dank des Skandals um die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica ist das größte soziale Netzwerk mal wieder in die Medien geraten. Und dieses Mal scheint auch die Politik etwas tun zu wollen. Nachdem Vorwürfe der Wahlbeeinflussung mit Hilfe der tagtäglich gesammelten Daten laut wurden, laden jetzt Parlamente in Großbritannien, Deutschland und den USA Vertreter des Unternehmens vor, das sich nur sehr widerwillig bewegt.

Auch unter den Nutzern hat sich Aufbruchstimmung breit gemacht: Es kursiert (insbesondere auf Twitter) der Hashtag #deletefacebook, dem unter anderem so prominente Menschen wie Elon Musk mit den Facebook-Präsenzen von Tesla und SpaceX gefolgt sind. An den meisten wird das wahrscheinlich vorbeigehen. Einen Facebook-Account „hat man einfach“ – ich ebenso.

Was allerdings jeder mal machen sollte, ist sich anzuschauen, was das soziale Netzwerk so über einen selbst weiß. Dazu gibt es auf Basis des europäischen Datenschutzes ein Download-Tool auf der Startseite der Einstellungen. Auch wenn das Archiv nicht alle Daten enthält, die Facebook speichert – ein Blick in die Daten schadet nicht. Und so habe auch ich mal meine Daten heruntergeladen.

Nach mehrmaliger Eingabe des eigenen Passworts erhält man schließlich ein ZIP-Archiv mit Websites, über die man bequem auf die Daten zugreifen kann. Bei mir war der Download schon etwa 100MB groß. Auf den ersten Blick sieht der Download auch gar nicht so spektakulär aus. Man sieht sein eigenes (öffentliches) Profil, erhält eine Kopie der gesendeten und empfangenen Nachrichten inklusive Bildern, Videos und Stickern, man erhält eine Übersicht über Veranstaltungen, die man besucht hat, und Apps, die man mit Facebook verknüpft hat – Daten, die Facebook einfach braucht, um seinen Dienst überhaupt anbieten zu können.

Die Informationen über die eigene Timeline sind leider etwas kryptisch. Mir zumindest sagt die völlig alleinstehende Aussage „500 people interested“ vom 30. Oktober 2017 zumindest nichts. Viel spannender wird es beim Abschnitt Kontakte. Hier wird leider nicht erklärt, woher die Daten kommen, aber sie beinhalten Facebook-Kontakte und (gelöschte) Kontakte aus dem lokalen Adressbuch sowie ein paar Namen, die ich überhaupt nicht zuordnen kann inklusive Telefonnummern.

Die Liste der „Freunde“ enthält jeweils noch Datumsangaben, wann die Freundschaftsanfrage angenommen wurde, sowie eine Liste der abgelehnten Anfragen sowie der aufgelösten Freundschaften. Außerdem erhält man eine Angabe darüber, wie Facebook die eigene „Peer Group“ klassifiziert. Bei mir: Starting Adult Life.

Zudem beinhaltet das Archiv eine Liste, wann man sich von welchem Gerät mit welcher IP-Adresse angemeldet hat, und eine Liste der Werbethemen, die angezeigt werden und angeklickt wurden. Überraschend war bei mir nur die Liste der „Werbepartner“, die meine Kontaktdaten erhalten haben: unter anderem Tchibo und eBay Canada.

So spannend diese Daten sind, so unspektakulär sind sie auch irgendwie. Klar, das Wissen, das Facebook zu Werbezwecken aus diesen Daten ableitet, ist nicht dabei. Auch nicht die Daten, die Facebook von externen Seiten erhält, die einen „Like“-Button einbinden. Auch die Liste von Anrufen – wann man mit wem wie lange auf dem Handy telefoniert hat – die ein neuseeländischer Nutzer bei sich gefunden hat, ist bei mir nicht enthalten.

Ich will bei weitem nicht sagen, das sei jetzt nicht schlimm. Das sind zwar zumindest in meinem Archiv überwiegend Daten, die ich bewusst geteilt habe, die Auswertungen, die sie ermöglichen, und an wen sie weitergegeben werden, ist jedoch nicht mehr so banal wie das ein oder andere Status-Update.

Was mir hingegen wirklich Sorgen macht, sind die Daten, die Google über mich speichert. Über ein ähnliches Verfahren wie bei Facebook kann man auch bei Google die persönlichen Daten herunterladen. Das Archiv wird hier aber schnell größer als das, das Facebook zusammenstellt – die Dienste von Google sind weitaus diverser.

Neben den unter Umständen bewusst eingestellten Daten wie Kontakten und Terminen findet sich hier auch der Suchverlauf bei den Google-Suchen und bei YouTube. Wer Chrome entsprechend verwendet, erhält seine gesamte Surf-Historie. Wer den Standortverlauf aktiviert hat, kann seine komplette Bewegung nachverfolgen. Ich kann jetzt die Frage beantworten, welches Video ich am 02.10.2016 um 19:06:13 Uhr angesehen habe. (Dieses hier. Es ist ziemlich episch.)

Und es finden sich auch Dinge, die ich nicht unbedingt finden wollte. Allen voran eine scheinbar vollständige Liste, wann ich welche App auf meinem Handy geöffnet habe.

Während #deletefacebook immerhin noch eine Option ist, würde #deletegoogle wesentlich komplizierter werden. Deswegen soll das hier auch keineswegs zu Panik aufrufen. Die Daten werden erhoben, und das passiert anderswo genauso. Allerdings soll das hier auch keineswegs zu Untätigkeit aufrufen. Dass ordentliche Regulierung Wirkung entfalten kann, zeigt die neue Datenschutzgrundverordnung der EU, die Rechte für Bürger und im Zweifel empfindliche Strafen für Unternehmen festschreibt. Dennoch ist das Datenschutz-Thema damit keineswegs abgehakt – wandelnde Technologie hält die Politik auf Trab, und es gibt immer wieder gute und schlechte Maßnahmen. Für die Industrie bezeichnend ist jedoch, dass sich unter den großen amerikanischen Unternehmen nur Microsoft traut, das vollmundige Versprechen „Your privacy is important to us.“ seinen Privacy Statement voranzustellen.

Für Sie, liebe Leserinnen und Leser, habe ich abschließend mindestens diese eine Aufgabe: Wenn Daten wirklich das Öl des 21. Jahrhunderts sind, machen Sie sich doch wenigstens schlau, welche Ölreserven bei Ihnen ganz persönlich bereits gefördert wurden. Zum Beispiel unter https://www.facebook.com/settings und https://www.google.com/takeout.


Titelbild: Christian Hornick (CC BY-SA 2.0)
Ebenfalls erschienen im Neologismus 18-03

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